Vorwort
Mit den folgenden Inhalten möchte ich Ihnen einen kleinen Überblick geben über die Katzenrasse, die als die kleinste der Welt gilt. Manches wird Ihnen bereits aus Büchern, Zeitschriften oder dem Internet bekannt vorkommen; doch das eine oder andere haben Sie so vielleicht noch nicht gehört oder gelesen.
Mein Ziel ist es, Ihnen als ernsthaft interessiertem Liebhaber mehr zu bieten als nur hinreißende Fotos und typische Klischees- nämlich wertvolle Hinweise, wahre Charaktereigenschaften und authentische Informationen über unsere wunderschöne Rasse. Sie ist nämlich so bezaubernd, dass sie ganz ohne „Fake News“ auskommt!
Ihre Susanne Friedrichs
TEIL 1
Von Mythen und Legenden…
Um die Singapura ranken sich eine Vielzahl von Mythen- nicht nur, was ihre Herkunft betrifft, sondern auch, was über ihre Natur, ihren Charakter und ihre Ansprüche berichtet wird. Manches davon ist schlicht falsch; anderes trifft zwar zu, jedoch nur in Teilen. Insgesamt lebt das Bild der Rasse nach wie vor hauptsächlich von Klischees und ist leider noch immer sehr unvollständig gezeichnet. Es wird dringend Zeit für ein bunteres, differenzierteres Porträt!
Deshalb möchte ich zunächst einmal diese Mythen für Sie genauer unter die Lupe nehmen. Eines aber kann ich Ihnen auf jeden Fall schon an dieser Stelle verraten: Singapuras sind definitiv anders als andere Katzen!
Mythos Nr 1: Die Singapura stammt aus den Straßen Singapurs
Wer sich als (zukünftiger) Liebhaber der Singapura auf die Suche nach Hintergrundinformationen begibt, dem wird immer wieder die Geschichte von der „Drain Cat“, der „Abflussrohrkatze“ aus den Straßen Singapurs, begegnen. Hiernach sollen die Katzen aufgrund ihrer Kleinheit wild im Abflusssystem der Stadt gelebt haben, gezähmt worden und später in die USA gelangt sein. Diese Darstellung wird leider auch in aktuellen Artikeln von Zeitschriften und Internet hartnäckig immer wieder aufgegriffen (wodurch sie sich ebenso beharrlich hält wie die Legende, die Maine Coon sei eine Kreuzung zwischen Katze und Waschbär). Sie ist aber, das soll an dieser Stelle noch einmal ausdrücklich hervorgehoben werden, ein von den Ursprungsschöpfern gezielt zur Vermarktung erfundenes Märchen, eine Art Pygmalion- Story nach dem Motto „Vom Gossenmädchen zur Prinzessin“.
Tatsächlich entstanden ist die Singapura in den Siebziger Jahren im Rahmen eines gezielten amerikanischen Zuchtprogramms. Dass die Ursprungszüchter zeitweise in Singapur weilten (von wo aus sie die Kreierung der Rasse offenbar gestartet haben), mag den Ausschlag für den Namen gegeben haben. Beteiligt am Zuchtprogramm waren möglicherweise auch kleingewachsene Straßenkatzen, aber vor allem Rassekatzen wie Abessinier und Burmesen. Auch Siamesen wurden, das ist heute bekannt, eingekreuzt. Die Singapura ist ihrer genetischen Herkunft nach also eine durchweg orientalische Rasse, und insofern ist der Name auch recht passend.
Noch heute kann man die enge Verwandtschaft zur Burma gut erkennen: das runde Köpfchen, die kurze Schnauze, den besonderen Ausdruck der großen Augen. Durch selektive Verpaarungen wurde die für die Singapura typische „Seal Sepia Agouti“- Färbung - das dunkelbraune Ticking (Ticking = Bänderung des einzelnen Katzenhaares ähnlich der eines Mikadostabs) auf elfenbeinfarbenem Grund- herausgezüchtet sowie deren Kleinheit und Zartheit erzielt. Und hier haben wir auch schon die nächste Mär: die von dem extrem niedrigen Gewicht der Singapura.
Mythos Nr 2: Eine Singapura wiegt nur 2 kg
Um das Gewicht der Singapura wird ein regelrechter Hype betrieben.
Immer wieder kann man lesen, ausgewachsene weibliche Tiere würden regelmäßig zwischen 1,5 und 2 kg wiegen, die männlichen zwischen 2,5 und (maximal) 3 kg.
Bevor ich jetzt gesteinigt werde: Hier und da können solche Gewichte bei voll ausgewachsenen Katzen durchaus mal vorkommen; ebenso, wie es auch bei der Maine Coon hin und wieder echte „Ausreißer“ nach oben gibt. Aber ebenso wenig, wie reale 12- Kilo- Elefanten bei der Maine Coon die Norm sind (ein mit 12 kg angegebener Kater wiegt dann nämlich plötzlich nur noch sieben oder acht), sind die oben genannten extrem niedrigen Gewichte derzeit bei der voll ausgewachsenen Singapura als Regelfall zu verstehen.
Tatsächlich sind diese Anzeigen der Waage eher bei pubertierenden „Youngsters“ von 10-12 Monaten anzutreffen. Diese Tiere gelten als „erwachsen“, weil sie ab diesem Alter körperlich voll fortpflanzungsfähig und damit offiziell zur Zucht zugelassen sind. Sie entsprechen dann in etwa einem 16-17jährigen menschlichen Teenager, der biologisch ebenfalls unproblematisch Mutter oder Vater werden kann. Aber überlegen Sie einmal: Haben (oder hatten) Sie mit Fünfundreißig, Vierzig- also: „voll ausgewachsen“- noch das Gewicht, das Sie mit 16 hatten? Wohl eher nicht (falls doch: Herzlichen Glückwunsch!).
Auch die Singapura ist, wie fast alle anderen Rassen, erst im Alter von ca. 3 Jahren richtig „fertig“. Dann wiegen die Mädchen realistische 2,3- 2,8 kg (bei Kastratinnen können es auch schon einmal 3 kg werden) und die (kastrierten) Kater meist lockere 3,3- 3,5 kg.
Wer also bei der „kleinsten Katzenrasse der Welt“ obsessiv auf das niedrigstmögliche Gewicht schielt, ist nicht nur denkbar schlecht beraten, sondern disqualifiziert sich für uns seriöse Züchter auch als Käufer.
Denn, so fragen wir uns, was machen Sie, wenn Ihre Katze das „zulässige“ Gewicht überschreitet? Haben Sie sie dann nicht mehr lieb…? Denken Sie womöglich gar an Abgabe…?
Nun, ich gehe davon aus, dass es sich bei Ihnen um einen ernsthaften Interessenten handelt, für den derlei nicht in Betracht kommen würde. Und natürlich verstehen wir Züchter Ihren Wunsch nach einer kleinen Katze- denn auch wir haben uns ja gerade in diese Kleinheit verliebt!
Deshalb verrate ich Ihnen ein Geheimnis:
Man sieht den Tieren ihr Gewicht nicht an.
Denn das Gewicht einer Singapura rührt- bis auf wenige Ausnahmen- nicht von entsprechender Größe, einem stabilen Knochenbau oder einem Zuviel an Fett her, sondern von der im Verhältnis zur geringen Körpergröße enormen Muskelmasse der Tiere.
„Klein, kompakt, muskulös, auf festen, stämmigen Beinen“- so wird das Erscheinungsbild der Singapura dem Rassestandard nach beschrieben. Diese Beschreibung finde ich allerdings denkbar schlecht gewählt, denn sie suggeriert einen plumpen kleinen Kraftprotz auf kurzen dicken Stampfern.
Tatsächlich ähnelt die Singapura in ihrer Anmutung aber viel eher einer klassischen Ballerina: fein, schmal und feenhaft zartgliedrig, dabei aber ausgesprochen drahtig und sehnig. Wie eine Ballettänzerin vereint sie vollendete Grazie und Eleganz mit einem straffen, muskulösen Körper und einer enormen Sprungkraft, und wie die Ballerina hat sie (in der Regel) kein Gramm Fett zuviel auf den Rippen. Und so denkt man überrascht, wenn man so ein kleines zierliches Tierchen hochnimmt: „Oha, ist die schwer.“
Allerdings fordert die Singapura ebenso wie die Ballerina für den Erhalt ihres Körpers ein entsprechendes Training ein. Und damit wären wir beim Mythos Nr.3- wonach die Singapura so etwas wie eine Schoßkatze sein soll.
Mythos Nr 3: Singapuras sind extrem anhänglich
Immer wieder kann man lesen, dass die Singapura „extrem anhänglich und menschenbezogen“ sei und dass sie es liebe, auf dem Schoß ihres Menschen zu sitzen.
Zugegeben- der Schoß (wahlweise auch die Brust oder der Busen) ihres Menschen ist für eine Singapura wichtig. Sehr wichtig. Sehr, sehr wichtig. Für manche Exemplare ungefähr so wichtig wie das Atmen.
Die Menschenbezogenheit der Singapura ist sprichwörtlich und geht weit über das normale Maß einer gewöhnlichen „Schmusekatze“ hinaus. Wer das nicht mag und seine Katze lieber irgendwo neben, unter oder hinter sich als auf sich liegen hat, ist kein geeigneter Beschützer, pardon, Sklave einer Singapura.
Eine Singapura will überall dabei sein. Im Bett (am liebsten unter der Decke). Beim Essen. Auf Ihrem Rechner. Bei Ihrem morgendlichen Stuhlgang. Beim Sex mit Ihrem Partner. Das muss Ihnen von vornherein klar sein.
Manche Exemplare zeigen ihre Liebe zu ihrem Menschen sanft und zärtlich. Manche temperamentvoll und stürmisch. Manche sind dabei leise, manche lauter. Aber alle sind bei ihren Liebesbekundungen sehr nachdrücklich. Sie als Besitzer haben keine Chance.
Dieser extreme Menschenbezug ist ausgesprochen typisch für die Rasse und scheint selbst denjenigen anderer Orientalen, die ja allesamt sehr besitzerliebend sind, zu übertreffen.
Genau diese Art Katze schwebt Ihnen ja vor? Sie finden das süß?
Dann Obacht: Das ist nur die eine Seite einer Singapura!
Mythos Nr 4: Singapuras sind verspielt bis ins hohe Alter
Als waschechte Orientalen sind Singapuras nicht nur sehr anhänglich, sondern auch extrem (!) lebhaft.
Sie seien „verspielt“ bis ins hohe Alter, heißt es gerne unbestimmt in den diversen Aufsätzen und Artikeln. Aber ich möchte mich da doch etwas genauer ausdrücken.-
Kennen Sie diese Szene aus Disneys „Susi & Strolch“, in der die beiden Siamesen ihr Lied singen? Ja? Dann ersetzen Sie jetzt bitte im Liedtext das Wort „Siamesen“ durch „Singapuras“!
Eine Singapura kann ihren Speed sehr schnell unglaublich hoch drehen. Schon die Kitten proben das und sausen dann wie die Verrückten durch die Wohnung, toben wild über Tische und Bänke, poltern die Treppen rauf und runter, rasen Wände steil nach oben und klettern im Affenzahn Vorhänge hoch (weswegen man tunlichst keine duftigen Spitzen- Gardinen aufhängen, sondern bestenfalls dicht gewebte Baumwollvorhänge besitzen sollte). Überhaupt sollten Sie sich dringend von dem Gedanken an eine erlesen eingerichtete Wohnung verabschieden!
Das meine ich ganz ernst. Mag vielleicht eine ruhige Perserkatze oder eine distinguierte Britin noch mit wertvollen Antiquitäten wie Chippendale & Co vereinbar sein- eine Singapura ist es definitiv nicht. Selbst beim tollsten, spannendsten Kratzbaum wird sich die Katze mit ihren nadelspitzen Krallen (und die sind wirklich deutlich schärfer als bei anderen Rassen!) zumindest gelegentlich an Ihren kostbaren Möbeln „vergreifen“.
Also, entweder eine Singapura ODER exquisites Mobiliar- beides zusammen geht nicht, es sei denn, Sie sind sehr tolerant gegenüber tiefen Blessuren in Ihrem edlen Kirschbaum- Sekretär aus dem Jahr 1880.
Gut beraten sind Sie deshalb mit eher preiswerten, aber gemütlichen Möbeln aus robuster Kiefer oder skandinavischer Spanplatte, bei denen man bei einer Kratzspur nicht gleich in Tränen ausbricht. Als Sitzmöbel sehr bewährt haben sich dabei die „Ektorp“ Sofas von Ikea, bei denen man die Bezüge austauschen kann (das ist bei mehreren Tieren ca. einmal im Jahr nötig, dann sind die Stoffe peekig und die Armlehnen zerkratzt- weswegen Waschen unnötige Verschwendung von Wasser, Strom, Zeit und Geld ist).
Zum Mobiliar gehört natürlich auch (mindestens) ein deckenhoher Kratzbaum (besser einer pro Raum) mit mehreren Ablagen und/ oder Nestern und Höhlen, ergänzend gerne hohe Regale sowie diverse umlaufende Bretter knapp unter der Decke. Dazu genügend kuschelige Schlafplätze, z.B. in Form von Kissen oder Lammfellen, die liebend gerne angenommen werden. Wenn Sie Ihren Singapuras eine besondere Freude machen wollen, verkleiden Sie zusätzlich eine Wand oder, noch besser, gleich das ganze Treppenhaus Ihres Einfamilien- oder Reihenhauses mit dicker Kokosfaser, damit Tarzan und Jane genügend ausgelastet sind. Ansonsten empfiehlt sich dringend eine zusätzliche Kratzsäule ohne Plattformen und Ablagen.
Sie merken: Singapuras sind wirklich anders als andere Katzen!
Mythos Nr 5: Singapuras benötigen nur wenig Platz
Oft heißt es, die Singapura sei aufgrund ihrer Kleinheit in ihrem Platzbedarf genügsam und könne deshalb ohne weiteres in einer kleinen Wohnung gehalten werden.
Ja, Sie können eine Singapura theoretisch in einem Zwei- Zimmer- Apartment halten. Theoretisch.
Theoretisch heißt: Wenn es Ihnen gelingt, diese zwei Zimmer abwechslungsreich und vor allem dreidimensional zu gestalten wie in den oben genannten Beispielen, so dass aus Quadratmetern Kubikmeter werden.
Gerade weil die Singapura so klein und leicht ist, erklimmt sie spielend jede Höhe. Sie wird deshalb auch immer versuchen, in die Höhe zu gelangen. Ihre Sprungkraft ist, wie gesagt, gewaltig. Es bereitet ihr nicht die geringsten Schwierigkeiten, hohe Schränke und Regale mit knappen gezielten Sprüngen zu erobern oder ein Türblatt seitlich zu erklettern, um dann lässig oben auf der Kante entlang zu spazieren, was Vertreter größerer Rassen mit zunehmendem Wachstum und Alter meist irgendwann scheitern lässt und eine Maine Coon wahrscheinlich noch nie versucht hat. Erwarten Sie Ihre Singapura deshalb immer auch in luftigen Höhen.
Ist Ihr Zwei- Zimmer- Apartment also entsprechend ausgestattet und sind Sie oder Ihr Vermieter nicht allzu pingelig, was zerkratzte Türen anbelangt, so kann eine Singapura (bzw. zwei!) bei Ihnen glücklich werden (auch wenn mehr als zwei Räume natürlich nicht schaden).
Bevorzugen Sie jedoch die spirituelle Leere einer Zen- Klosterzelle oder den minimalistischen Chic sparsam eingesetzter Designermöbel, dann, so fürchte ich, werden Ihre Interessen sich nicht mit denen einer Singapura decken und Ihr Heim folglich nicht geeignet sein (das betrifft dann allerdings auch größere Wohnungen oder Häuser).
Fazit: Singapuras benötigen entgegen des Mythos Nr 4 viel Platz.
Zum Toben, Spielen, Klettern, Schlafen, Verstecken und Träumen.
Mythos Nr 6: Singapuras sind lieb
Grundsätzlich ist die Singapura eine zärtliche, freundliche und friedliche Katze, die ihren menschlichen Beschützer innig in ihr kleines Herz schließt und ihm dies auch zeigt. Allerdings sind nicht alle Exemplare gleich „lieb“. Tatsächlich ist die Rasse auch charakterlich weit weniger stereotyp, als man es den Rassebeschreibungen nach vermuten könnte.
Es gibt Kater, die sind extrem anhänglich und „kleben“ mit Wonne an der Wange ihrer Besitzer. Es gibt aber auch kleine Machos, die zwar gnädig die Huldigung ihres menschlichen Dienstpersonals entgegennehmen, ansonsten aber eher cool und reserviert sind. Es gibt Deckkater, die man während der Paarungsrituale besser nicht anfasst, weil sie „ihre“ Katze dann energisch fauchend verteidigen. Und es gibt kleine Frechdachse und Spaßvögel, die ihren Menschen das Essen vom Teller klauen.
Das Gleiche gilt für die Mädchen. Manche sind extrem lieb, sanft und mädchenhaft schmusig. Aber schon die Wurfschwester kann einen ganz anderen Charakter haben: stürmisch, temperamentvoll und etwas katerhaft- raubeinig. Manche sind bildschön und sehr klein, echte Katzenprinzessinnen - aber- wie passend!- auch eine kleine Zicke. Manche ist optisch ein eher unscheinbares Tierchen- dafür aber duldsam, zurückhaltend und bescheiden, eine Freude für jeden Züchter.
Sie sehen: Jede Singapura hat ihren ganz eigenen, sehr individuellen Charakter. Jede Singapura ist ein Unikat. Und in dieser Individualität ist sie auf jeden Fall liebenswert!
Mythos Nr 7: Singapuras sind süße Mini- Pumas
Immer wieder kann man lesen, die Singapura würde mit ihrem getickten Fell wie ein „Mini- Puma“ aussehen. Soweit kann man das natürlich erst einmal ohne weiteres stehen lassen.
Störend wird es erst, wenn in diesem Zusammenhang dann die Begriffe „Schätzchen“, „Herzchen“, „Engelchen“ und dergleichen mehr verwendet werden.
Verstehen Sie mich nicht falsch: Es ist absolut nichts dagegen einzuwenden, seine geliebte Katze in der Intimität einer Schmusestunde so zu nennen. Ich selber tue das auch, und oft- und die Katzen genießen es sehr, wenn ich ihnen sage, wie schön und süß sie seien!
Was mich aber ärgert, ist, wenn die Tiere in Rasseporträts vermeintlich seriöser Katzenzeitschriften- womöglich gar in solchen mit pseudo-wissenschaftlichem Anspruch- mit solchen Begrifflichkeiten aus dem Lebkuchenherz- Wortschatz bedacht werden, um auf besonders „originelle“ Weise die Kleinheit und Niedlichkeit der Singapura zum Ausdruck zu bringen. Ausgesprochen kontraproduktiv für ein realistisches Bild der Rasse sind auch Züchter-Websites, die ihre Seiten mit putzigen Feen und Elfen, Flitter, Putten, herabfallendem Glitzerschnee und dergleichen Kitsch mehr schmücken. Damit werden beim Interessenten- besonders bei jungen Frauen- völlig falsche Erwartungen geweckt, welche unweigerlich großes Tierleid nach sich ziehen, da die Katze diesen fehlfixierten Erwartungen nicht entsprechen kann.
Ja, eine Singapura ist niedlich. Mit ihrem kleinen runden Köpfchen, den großen Augen und der zierlichen Gestalt bedient sie perfekt das Kindchenschema. Und es ist absolut legitim, sich deshalb in sie zu verlieben!
Vergessen sollte man hierüber nur eines nicht: eine Singapura ist kein lebendes Glubschi- Plüschtier, und auch kein atmendes Disney- Spielzeug.
Sie ist ein richtiges Raubtier, ein Beutegreifer, der genau wie ein Löwe neben allen uns Menschen so sympathischen sozialen Merkmalen wie Kuschelbedürfnis und gegenseitiger Fürsorge eben auch ein gerüttelt Maß an „Killerinstinkt“ und „Mordlust“ besitzt. Ich sage das deshalb so drastisch, weil nicht wenige glauben, es aufgrund der Niedlichkeit hier mit einer besonders genügsamen Rasse bezüglich ihrer natürlichen Bedürfnisse und Versorgungsansprüche zu haben.
Eine Singapura will nicht nur lieb gestreichelt und mit süßen Worten bedacht werden, sondern genau wie jede andere Katze auch ausgiebig ihrer Beutegreifernatur nachkommen können. Sie will jagen können, sie will Beute machen können, und sie will „ihre“ Beute- am besten rohes Fleisch - genussvoll verzehren können. Knurrend in einer geheimen Ecke - oder ganz entspannt auf Ihrem Sofa.
Ich hatte schon früher oft über einen für uns passenden Zwingernamen nachgedacht, lange, bevor ich mich dann tatsächlich zur Zucht entschloss.
Immer wieder ging ich in Gedanken verschiedene Wortspielereien durch, um schließlich alle wieder zu verwerfen.
Originell sollte der Name sein, mit hohem Wiedererkennungsfaktor- aber nicht kitschig oder albern. Lautmalerisch gut klingen sollte er- aber nicht zu lang oder zu kompliziert sein.
Ich suchte einen Namen, der all das verband, was die Singapura ausmacht: das Niedliche wie das Ursprüngliche, das Zahme wie das Wilde, das Zärtliche wie das Temperamentvolle.
Wenn ich mir meine Katzen so ansah, dann erinnerten sie mich immer irgendwie an Löwen im Mikroformat. Nicht, weil Katzen ja allgemein gerne als „Stubentiger“ oder „Sofalöwen“ bezeichnet werden, sondern ganz konkret, im Aussehen wie auch im Verhalten.
Singapuras haben einen schlendernden, wiegenden Gang, mit lässig durchhängendem Rücken; es ist der gleiche Gang, den auch Löwen haben, die entspannt durch die Steppe pilgern.
Auch finde ich, dass sie in ihrer Erscheinung und der Harmonie ihrer Proportionen viel eher dem Löwen als dem Puma mit seinen überproportional großen Füßen ähneln. Sicher, Pumas haben geticktes Fell- Löwen aber auch! Und nicht alle Löwen sind gelb; je nach der Umgebung, in der sie leben, variiert die Tönung von cremeweiß über sand bis hin zu hellem graubraun. Es gibt nicht wenige Populationen, die genau die gleiche Färbung wie eine Singapura aufweisen!
Auch der eindringliche Blick gleicht viel mehr dem eines Löwen als dem eines Pumas mit seinen kleinen Augen. Vor allem, wenn die Katze auch noch goldene Augen hat!
Am erstaunlichsten aber ist die Entsprechung beim Sozialverhalten. Pumas sind bekanntlich Einzelgänger; die Singapura aber lebt wie der Löwe in einem festen Gruppenverband, einem richtigen Rudel. Das gemeinsame Fressen, Schlafen und Stillen der Jungen läuft genauso ab wie bei den großen Vettern. Es ist einfach faszinierend!
Kleine Löwen- ja, das sind sie. Nein- winzige Löwen!
Tiny Lions.
Fazit: Singapuras sind keine Mini- Pumas, und schon gar keine atmenden Plüschtiere. Sie sind Löwen- im Kleinformat!
Mythos Nr 8 : Singapuras sind trotz ihrer Kleinheit robust
Die tatsächliche oder vermeintliche Robustheit der Singapura ist ein sehr heikles Thema.
Fakt ist: Die Rasse hat einen sehr kleinen Genpool und damit ein großes Inzuchtproblem. Denn: je mehr Inzucht, desto mehr Erbfehler, desto mehr Gesundheitsprobleme, desto mehr Immunschwäche.
Immunschwäche aber steht der vielbesungenen Robustheit diametral entgegen. Solche Tiere kümmern generell und haben häufig Infektionen aller Art. Auch die Anfälligkeit für erblich bedingte Herzkrankheiten oder Krebs steigt massiv. Mit solch einem Tier hat der Besitzer wenig Freude, stattdessen viele Sorgen, großen Kummer und hohe Tierarztrechnungen.
Aus diesem Grund bevorzugen manche Züchter das sogenannte Outcrossing, d.h., sie kreuzen gezielt andere Rassen, oft die nah verwandte Burma (jedoch nicht nur!), ein, um den Genpool zu erweitern-manchmal leider allerdings auch, um die Fruchtbarkeitsrate zu steigern (da andere Orientalen regelmäßig viel größere Würfe bringen als Singapura). Das Problem dabei ist, dass sich hierbei das Erscheinungsbild zwangsläufig sehr verändert; durchgängig mehr Körpergröße ist da noch das kleinere Übel.
Viel unerfreulicher ist es, wenn das, was den Liebhaber an der Singapura so begeistert und was in jahrzehntelanger langer mühevoller Zuchtarbeit erreicht wurde, mal eben so aus Profitsucht oder „wissenschaftlicher“ Experimentierfreude eliminiert wird. Denn diese Mischlinge tragen Merkmale in die Zucht, die die Singapura in einen ganz anderen Phänotyp (=äußeres Erscheinungsbild) drängen: schmale flache Schädel, lange hundeähnliche Schnauzen, monströs anmutende Ohren, ein großer, langer, dünner Körper. Solche Tiere erinnern an die zweite (böse) Generation der „Gremlins“ und haben mit einer Singapura nichts mehr zu tun.
Was also soll der seriöse Züchter tun, wenn er Outcrossing ablehnt, aber dennoch gesunde, typvolle Tiere züchten möchte?
Antwort: Er muss lange genug suchen, bis er einen geeigneten Deckkater für seine Kätzinnen oder passende Zuchtkatzen für seinen selbst gezogenen Kater gefunden hat. Diese Suche kann schon einmal mehrere Monate oder gar Jahre in Anspruch nehmen- aber sie lohnt sich sehr!
Hat man dann endlich ein solches (blutsfremdes) Tier gefunden, das typvoll ist, idealerweise auch noch die kleinen optischen „Fehlerchen“ der eigenen Katze(n) ausgleicht und vom Charakter her wünschenswerte Eigenschaft besitzt, stehen die Chancen gut, gesunde, typvolle Kitten zu bekommen. Das Problem der Blutgruppenunverträglichkeit besteht bei der Singapura nicht, da aufgrund des engen Genpools ohnehin alle Singapuras dieselbe Blutgruppe besitzen. Insofern ist es also durchaus möglich, ohne Einkreuzung fremder Rassen auszukommen, sofern man von Linienzucht weitestgehend absieht und bereit ist, lange genug nach passenden Paarungspartnern zu suchen. Und dann sind die Kitten gesundheitlich auch ziemlich widerstandfähig und robust.
Dennoch ist nicht zu leugnen, dass die Singapura eine gewisse Empfindlichkeit gegenüber Erkältungskrankheiten mitbringt. Dies hat aber nichts mit einer genetischen Disposition hierfür zu tun, sondern mit der rassetypischen Fellstruktur der Tiere.
wenn sie sich erkälten, wächst sich das rasch zu einer mittleren bis wirklich schweren Katastrophe aus. Da die Katzen, wenn sie gegen Katzenschnupfen geimpft wurden, das Virus ständig in sich tragen, kann es dann ausbrechen und sich zu einem handfesten Krankheitsbild entwickeln. Auch der Kontakt mit fremden Erregern kann sich dann zur Krankheit manifestieren.